von Marxelinho

Kleine Bescherung

Das letzte Spiel der Hinrunde 2019/20 habe ich mir zweimal angesehen: am Samstagabend im Olympiastadion, und gestern dann noch einmal in der Konserve. Ein torloses Remis gegen Gladbach muss man zwar nicht unbedingt wie ein Philologe studieren, aber es war doch interessant, die Live-Eindrücke mit den Großaufnahmen und Zeitlupen zusammenzuführen. Insgesamt hat sich das Wesentliche schon im Stadium mitgeteilt.

Hertha wollte sich das kleine Dezember-Comeback nicht mehr verderben und war auf Sicherheit bedacht. Und Gladbach hatte nicht mehr die allerletzten Reserven zu mobilisieren, sodass das Ergebnis trotz einiger guter Chancen auf beiden Seiten in Ordnung geht. Szene des Spiels war für mich ein Moment um die 60. Minute, als Gladbach nach einem schönen vertikalen Pass auf Neuhaus plötzlich exzellent positioniert ist, der Ball kommt auch zu Plea, wird aber abgewehrt, Hertha schaltet sehr schön um, der vertikale Pass in die Gegenrichtung ist aber zu steil für Lukebakio. Auch da im Detail also nullnull.

In den Medien macht das Klischee die Runde, Hertha wäre nun wieder auf dem Stand von Pal Dardai. Das ist aber ein Blödsinn. Hertha war unter Dardai nie kompakt. Die Zahlen enthalten zudem eine klare Tendenz.

2016 Platz 7 Tordifferenz 42:42

2017 Platz 6 Tordifferenz 43:47 (ein Europacup-Platz mit negativer Tordifferenz!)

2018 Platz 10 43:46

2019 Platz 11 49:57

Es gibt überhaupt keinen (sportlichen) Grund, die Zeit von Pal Dardai irgendwie zu verklären. Seine Devise war das Mittelmaß. Er ist ein großartiger Typ, deswegen wäre es sicher gut gewesen, hätte er eine Ära prägen können. Aber seine Ära wurde leider mit zunehmender Dauer unproduktiv, es passte, wie man so schön sagt, hinten und vorn nicht.

Klinsmann und Team haben aus der Mannschaft in erstaunlich kurzer Zeit ein funktionierendes Ensemble gemacht. Halbzeit eins gegen Gladbach war in meinen Augen keineswegs nur auf Umschalten programmiert, es gab Ballbesitz, und eine weitgehend ausgeglichene Spielanlage. Bedeutsam waren wohl die fünfzehn Minuten nach der Pause, als es eine Weile gar nicht mehr gelang, sinnvoll aus der ziemlich gut funktionierenden Defensive herauszuspielen.

Nebenbei, eine Privatmeinung: Mit Arne Maier hätte Hertha das Spiel gewonnen. Das ist naturgemäß nicht erhärtbar, und geht von einem fitten Spieler aus. Skjelbred hat seinen Stil ein bisschen angepasst, er hat durchaus kleine, offensive Momente. Aber es fehlt schon das ganze Halbjahr die strategische Intelligenz, die Maier im Vorjahr immer wieder erkennen ließ.

Die acht Punkte aus den letzten vier Spielen sind wohl genau richtig, um ein wenig Optimismus zu erlauben, ohne den Abstiegskampf, der ja in der englischen Woche sein Punkteniveau deutlich angehoben hat, schon zu den Akten zu legen. Hertha steht nun vor einer spannenden Winterpause. Nach dem Boxing Day werde ich dann aufschreiben, warum ich gegen eine Verpflichtung von Granit Xhaka wäre - um ausnahmsweise ein, allerdings relativ plausibles Gerücht aufzugreifen. Schöne Feiertage!

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