von Marxelinho

Lille-Hammer

Deutlich vor Schließung der Transferperiode hatte Hertha BSC seine Angelegenheiten unter Dach und Fach. Dabei muss man eigentlich von zwei Phasen der Aktivität sprechen: die Fundamente für den neuen Kader wurden früh gelegt, auch wenn da mit Valentin Stocker schon ein "Königstransfer" dabei war. Am letzten Wochenende kamen dann noch zwei Namen hinzu, von denen einer beträchtliches Aufsehen erregte: Salomon Kalou, Angreifer aus der Elfenbeinküste mit den Meriten eines Champions-League-Sieges mit dem Chelsea FC.

Dass danach auch der von den Fans sehr gemochte Per Skjelbred noch aus dem Hamburger Jammertal heimgeholt wurde, kann als eine Draufgabe genommen werden. Entscheidend notwendig ist diese Personalie nicht. Bei aktuell 30 Mann im Kader wird es auf Sicht auch schwer für den Norweger werden, kontinuierlich auf Einsätze zu kommen. Jeder normale Club hätte in so einem Sommer entweder Hegeler oder Skjelbred geholt. Hertha holt beide. Das zeigt, dass außergewöhnliche Umstände herrschen.

Insgesamt wurden (ich folge der einschlägigen Webseite) 14 von den 18,2 Millionen, die durch den Verkauf von Ramos und Lasogga eingenommen wurden, reinvestiert. Wenn man davon ausgeht, worauf es zumindest Hinweise gibt, dass ein Förderer oder Investor auch an den Transfereinnahmen zu beteiligen war, dann kann man über den Daumen wohl sagen: Hertha hat in diesem Sommer ausgeglichen bilanziert. Die Schulden, die ja neu aufgestellt wurden, bleiben also.

Kalou ist sicher eine wertvolle Verstärkung. Zumal er billig war und sich auf einen Dreijahresvertrag einließ. In seinem Alter denken manche schon an den ersten Versorgungsdeal, bei ihm scheint das anders zu sein. Er wird Schieber unter Druck setzen, oder auf die Bank. Kalou über die Flügel kommen zu lassen, ist eine Option, die aber auf Kosten von Spielern ginge, die sich gerade interessant entwickeln (Schulz, Beerens, Haraguchi). Ein 4-4-2 mit Kalou und Schieber kann als unwahrscheinlich gelten. Sandro Wagner wird ein wenig weiter von der Startelf wegrücken, wofür es gute sportliche Gründe gibt.

Kalou ist ein Star, Schieber ist keiner. Dieser Unterschied spielte sicher auch eine Rolle. Wenn Hertha im Wert steigen soll, was das einzige Interesse der Investoren sein kann, dann muss sich rund um den Verein etwas tun. Es muss Phantasie entstehen, das geht mit dem besonnenen Vorgehen von Luhukay nur bedingt. Kalou war eine zu gute Gelegenheit, um sie nicht wahrzunehmen. Aber im Grunde ist hier schon in Ansätzen zu erkennen, dass durchaus zwei unterschiedliche Entwicklungslinien für Hertha vorgezeichnet sind: die Graswurzelevolution mit Luhukay, und andererseits doch eine glamourösere, personell offensivere Strategie.

Mit dem sehr preisgünstigen Nike-Darling Haraguchi und mit Kalou stehen nun zwei Verpflichtungen auf der Liste, die man bei KKR auch mit Wohlwollen sehen wird. Die Investoren haben sich keinen Einfluss auf die sportlichen Entscheidungen ausbedungen, aber das heißt ja nicht, dass Michael Preetz nicht in der Lage ist, die unterschiedlichen Aspekte von Transfers ins Kalkül zu ziehen.

Wenn man die 30 Mann einzeln durchgeht, dann fallen eigentlich nur zwei oder drei als richtig entbehrlich auf: Bastians, Wagner. Selbst Sascha Burchert wurde am Wochenende gebraucht, und für Marcel Ndjeng findet Luhukay immer was. Ben-Hatira wird es schwer haben, Mukhtar wird sich hinter Skjelbred einreihen müssen. Für van den Bergh könnte es am Samstag schon die letzte Chance auf absehbare Zeit gewesen sein.

Hertha hat am Ende noch etwas draufgelegt, weil es sich günstig ergeben hat. In den ersten beiden Spielen hat die Mannschaft gezeigt, dass das Saisonziel Klassenerhalt auch so in Reichweite war. Mit Kalou lässt die sportliche und geschäftliche Leitung erkennen, dass die unausgesprochenen Saisonziele höher sind.
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