Fünf hinter 4 - das ist die Bilanz des Arsenal FC nach den Merry Matchdays in England, wie sie heuer genannt wurden. Aus den vier Spielen gegen Liverpool, Crystal Palace, Westbromwich Albion und gestern gegen Chelsea hat Arsenal sechs Punkte geholt - das bedeutet nach 22 von 38 Runden den Tabellenplatz 6 mit 39 Punkten. Liverpool hat 44 und steht auf dem Platz, der für die Qualifikation zur Champions League berechtigt.
Die vier Spiele rund um Weihnachten haben Arsene Wenger auch zum Rekordcoach in der Premier League gemacht. Er hat nun die meisten Spiele in diesem Bewerb betreut. Dabei bleibt weiterhin die Frage, ob es nicht schon deutlich ein paar zu viel sind. Das ließe sich aber nur beantworten, wenn jemand mit Arsenal konkrete Ziele hätte. Die Rückkehr in die Champions League ist das naheliegende, aber gerade dafür braucht es in England mit der nun etablierten Konstellation einer Top 6-Formation eine Menge. Arsenal ist in diesem Pulk tendenziell an letzter oder vorletzter Stelle, je nachdem, wie sich Tottenham dieses Jahr noch schlägt.
Die Weihnachtsspiele waren nicht zuletzt überschattet von Personalfragen. Das ging bis zu Analysen der Jubeltrauben nach Torerfolgen. Mesut Özil und Alexis Sanchez kommen da, wenn nicht selbst direkt am Tor beteiligt, gern einmal als letzte dazu, auch damit drücken sie Standing aus. Sanchez kam zuletzt manchmal gar nicht mehr dazu, umgekehrt haben ihm zu einem Tor gegen Palace nicht alle Kollegen gratuliert. Das sind Petitessen, auf die ich aber auch achte.
Das Spiel gegen Chelsea war spannend, war aber von den Unsicherheiten einer defensiven Notformation geprägt. Nach dem Ausfall von Koscielny musste Wenger eine Dreierkette aufstellen, wie wie ein Bilanzzettel seiner Einkaufspolitik der letzten Jahre wirken musste: Calum Chambers kam 2014 für immerhin 20 Millionen Euro von Southampton, Shkodran Mustafi 2016 für 41 Millionen aus Spanien, und Rob Holding im selben Jahr als Schnäppchen von den Bolton Wanderers (drei Millionen). Keinen von ihnen würde man als Säule bezeichnen, eher müsste man von dringendem Personalbedarf in der Defensive sprechen.
Taktisch war das Derby gegen Chelsea vor allem deswegen interessant, weil es so offen geführt wurde. Das 2:1 für Chelsea (nachdem Hazard eine Führung durch Wilshere egalisiert hatte, indem er einen Elfmeter verwandelte, den Bellerin verursacht hatte) erzielte Marcos Alonso, der im Fünfermittelfeld von Conte eigentlich nominell der Gegenspieler von Özil war, aber kaum einmal auf den Deutschen traf. Stattdessen hatte Alonso es mehrfach mit Chambers zu tun, so weit vorn war er tätig (hinter Bellerin, der seinerseits eher offensiv agierte). Mehrfach fehlte es Chambers und Holding an Geistesgegenwart.
Die Fünferoffensive mit Xhaka, Wilshere, Sanchez, Lacazette und Özil (der gegen Westbrom durch Iwobi ersetzt werden musste) zählt, ergänzt durch Bellerin und Maitland-Niles (bzw. Kolasinac) auf jeden Fall zum Besten, was die Premier League zu bieten hat (sie kann sich auch mit den Fab Four aus Liverpool messen, die aber doch zehn Tore mehr haben). Allerdings war Lacazette zuletzt nicht ganz so präsent, und auch Özil glänzte gegen Chelsea eher 50 als 90 Minuten.
Entscheidend war aber, dass Arsenal in den Tagen, in denen es in England darauf ankommt, praktisch keine Bank (mehr) hatte. Gegen Westbrom, als alles schon nach einem erschöpften 0:0 aussah, wollte Wenger seine Alternativen Walcott und Welbeck anscheinend am liebsten gar nicht bringen. Ramsey und Giroud sind verletzt. Ein tiefer Kader, gar ein strategisch durchdachter, sieht anders aus. Mit seinen Patchwork-Lösungen (Maitland-Niles ist seine aktuelle Entdeckung) kommt Wenger immer noch halbwegs über die Runden, aber der seit Langem alles überwiegende Gesamteindruck ist doch kaum von der Hand zu weisen: Arsenal wird immer durchschnittlicher. Man muss nun gespannt sein, wie sich dieser Befund auf die Transfers im Winter auswirkt.
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