von Marxelinho

Der Fahrstuhl ist außer Betrieb

Ein einziger Doppelpass hat am Samstag den Unterschied ausgemacht zwischen Werder Bremen und Hertha. Ein Antritt von Hunt, ein spekulativer Pass von di Santo, und schon waren Brooks und Langkamp überfordert. Es war der Führungstreffer knapp nach der Pause in einem Spiel, das Hertha davor ein bisschen dominiert hatte. Dominiert in der folgenlosen Weise, die so etwas wie das Kennzeichen der Rückrunde geworden ist. Ein ordentliches Bemühen mit sogar gelegentlichen Ansätzen zu Kombinationen, das aber fast nie zu Torgefahr führt. Geschweige denn zu Toren.

Hunt, der Bremen verlassen wird und mit dem die Fans auch in all den Jahren so einiges zu hadern hatten, sorgte dann in der Nachspielzeit für den Endstand von 2:0. Er machte den Unterschied in einem insgesamt mäßigen Match. So sah es jedenfalls für mich auf dem Bildschirm aus, ich bin im Westen der Republik, und musste deswegen auf die Konserve zurückgreifen. Bei Hertha machte niemand einen Unterschied. Das war dann der relevante Unterschied.

Zwei zentrale Spieler fehlten vollständig: Baumjohann war offiziell krank, allerdings ist auch zu hören, dass sein Knie sich wieder bemerkbar gemacht hat. Das wäre schlimm, und es ist natürlich aus unserer Perspektive nicht zu beurteilen, ob er zu früh wieder in den Spielbetrieb eingestiegen ist. Das Murren über die medizinische Abteilung, das in den Foren nicht erst jetzt zu vernehmen ist, ist insgesamt eher vage. Cigerci laboriert an einer Prellung. An seiner Stelle spielte niemand, stattdessen teilten sich Ndjeng, Ronny und Allagui eine flexible Offensivformation, zu der auch der wesentlich engagiertere Skjelbred und der schon deutlich auf Abgang gestimmte Ramos gehörten. Wagner spielte die letzte halbe Stunde, er blieb ohne Wirkung.

Hertha hatte mehr vom Spiel, allerdings nicht Zählbares. Kurz nach der Pause gab es den Moment der Übertölpelung. Die beiden Innenverteidiger, die solide spielten, bildeten die sogenannte Schnittstelle, in die Werder ging. Der Ausgangspunkt der Bewegung war typisch: vier, fünf Leute kämpften im Halbfeld um einen Ball, ein cleveres Manöver von Elija löste den Knoten, der Rest war Geistesgegenwart bei Bremen und Verdutztheit bei Berlin. Hertha hat solche Tore mehrfach bekommen in dieser Saison, sie zählen in dem Sinn nicht als Kontertore, weil der Weg zum Tor zu kurz ist, aber der Sache nach sind es welche, denn die Defensive ist ungeordnet.

Es sieht nun also alles danach aus, dass Hertha in der Rückrundentabelle auf einem Abstiegsplatz stehen wird. Das ist an sich kein Malheur, aber die nicht zu leugnende Harmlosigkeit der Mannschaft ist doch sehr bedenklich. Dem steht zwar eine halbwegs ordentliche Kompaktheit gegenüber, de facto ergab das aber in der gesamten Rückrunde nur einen überzeugenden Sieg, gegen einen desolaten HSV. Stuttgart war ein Lucky Punch, Braunschweig ergab sich auch mittelmäßigem Druck.

Mit Blick auf die Einzelleistungen in Bremen und vor dem Hintergrund der letzten Wochen lassen sich inzwischen bei einigen Spielern doch recht deutliche Perspektivprofile erstellen. Zu Wagner ist das Wesentliche gesagt, aber auch bei Allagui und Ndjeng deutet für meine Begriffe alles darauf hin, sie nicht als Stammspieler in einer Idealelf von 2014/15 zu sehen. Das Kapital Ronny dürfte ohnehin geschlossen sein. Da ist also eine Menge zu tun, die Offensive braucht mehr oder weniger eine Neukonzeption von Grund auf.

Gegen Dortmund gibt es noch ein Freispiel. Niemand erwartet etwas von Hertha, außer vielleicht einen Funken Inspiration, der von der Kulisse, dem eleganten Gegner, dem besonderen Moment ausgeht. Es gibt etwas zu feiern, ein Doubiläum der besonderen Art. Denn zum ersten Mal seit 2008/2010 wird Hertha wieder zwei Saisonen Erstligafußball en suite bestreiten. Und zwar mindestens zwei. Man kann es auch so sagen: Hertha hat ein negatives Triple, den dritten Abstieg in Folge, vermieden. Der Fahrstuhl ist außer Betrieb. Weitere Bewegungen also zu Fuß und in kleinen Schritten.

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