Der Himmel über Kapfenberg

Die kleine Stadtgemeinde Schladming in der Steiermark (oder, wie fiese Österreicher gern sagen, in der Sankt Eiermark) liegt gar nicht so weit entfernt von dem Ort in Öberösterreich, aus dem ich komme. Man muss nur einmal über den Pyhrnpass (oder unten durch den Bosrucktunnel) und dann ein wenig in westlicher Richtung durch das Ennstal - schon ist man in Schladming. Als gebürtiger Österreicher denke ich dabei in erster Linie an Wintersport, nun denke ich natürlich an Hertha BSC.

<iframe src="//www.youtube.com/embed/b7K2zMYHO1E" width="640" height="360" frameborder="0"></iframe>

Am Samstag habe ich in Windischgarsten, wo die TSG 1899 Hoffenheim diesen Sommer trainiert hat, einen Zug nach Bruckmur bestiegen (Bruck an der Mur, Bahnknotenpunkt in der Mur-Mürz-Furche, einer seinerzeit bedeutenden österreichischen Industrieregion). Von dort nahm ich ein Taxi nach Kapfenberg, wo um 18 Uhr im Franz-Fekete-Stadion ein Freundschaftsspiel zwischen Hertha BSC und Galatasaray Istanbul angesetzt war.

Bei dem Stichwort Kapfenberg denkt in Österreich jeder sofort an einen berühmten Satz von Helmut Qualtingers Kunstfigur Travnicek, der außerhalb der engeren Heimat nichts gelten lassen mag, und der sich deswegen auch geringschätzig über die spanischen Stierkämpfe äußert. Er hat von Spektakel ganz andere Vorstellungen. "Simmering-Kapfenberg, das nenn i Brutalität."

Eine Begegnung zwischen Simmering und Kapfenberg ist derzeit im regulären Spielbetrieb nicht möglich, denn der KSV 1919 (Kapfenberger Sportverein) spielt in Österreich immerhin Erste Liga (d.h. zweite Liga), während der 1. Simmeringer SC in der zweiten Wiener Landesliga herumgrundelt, wie man in Österreich sagt. Bemerkenswert ist für einen Herthaner das Gründungsjahr des Vereins aus Simmering: 1892!

Das Heimstadion des KSV 1919, benannt nach einem sozialdemokratischen Langzeitbürgermeister mit ungarischer Verwandtschaft, war also am Samstagabend Austragungsort des letzten Testspiels von Hertha BSC in diesem Sommer. Die Fans des türkischen Spitzenclubs saßen auf der Haupttribüne, die zahlenmäßig deutlich unterlegenen Fans von Hertha auf der Murauer Tribüne. Wir hatten eindeutig den besseren Blick, denn neben dem Spiel gab es auch die ganze Zeit beeindruckende Himmelserscheinungen. Das Gewitter blieb aber in der Ferne, es zeigte sich nur in immer neuen Wolkenformationen.



Hertha gewann das Spiel nicht unverdient mit 2:1, wobei die Formation in vielerlei Hinsicht (Pekarik/Weiser, Skjelbred/Darida, Ibisevic/Esswein/Duda) noch nicht wie der Weisheit letzter Schluss aussah. Deutlich erkennbar war jedenfalls, dass die Systemalternative zwischen Dreier- bis Fünferkette sich in diesem Jahr vermutlich für die meisten Teams erledigen wird - sie werden, wie Hertha das auch angedeutet hat, alle diese Möglichkeiten situationsbedingt in einem Spiel verwenden.

Das wird zum Beispiel Salomon Kalou zugutekommen, der bei Spieleröffnung Hertha ein Stück nach innen geht, weil Plattenhardt dann im Grunde an der Mittellinie steht. Skjelbred (später hoffentlich bald Stark) lässt sich auf die Beckenbauerposition fallen. Insgesamt war ein Bemühen um ein schnelleres, trickreicheres Spiel zu erkennen. Vor allem in Halbzeit zwei gab es aber auch zahlreiche Chancen für Galatasary.

Die Fahrt nach Kapfenberg habe ich als Vorgeschmack auf dieses Jahr genommen. Denn in der Europa League könnte es ja durchaus ein paar eher entlegene Reiseziele geben. Dafür muss ich dann vielleicht doch irgendwann eine etwas bessere Kamera kaufen, denn mit meinem 100-Euro-Touristenapparat komme ich nicht weit. Immerhin aber habe ich dieses Mal von beiden Toren entscheidende Momente eingefangen: den Kopfball von Rekik, und den schnell ausgeführten Freistoß, mit dem Mitchell Weiser den Siegestreffer vorbereitete.






Aus dem vielversprechenden Anlass habe ich auch eine Tradition wieder aufgenommen, die ich längere Zeit vernachlässigt habe: das Selbstporträt "auf fremden Pfaden". Marxelinho war im Franz-Fekete-Stadion. Es war super.


zurück zur Übersicht

Kommentare

Kommentar von Jörg |

Selten habe ich eine bessere Halbzeit von Hertha gesehen als die erste gegen Leverkusen gestern. Zwar hat Leverkusen Hertha 40 Minuten lang viel Raum gegeben. Doch Duda, Darida. Leckie und Weiser haben diesen freien Raum durch wirklich schöne öffnende Pässe und schnelle Läufe auch großartig genutzt. Zudem hat mir die sehr junge Innenverteidigung ausnehmend gut gefallen. Stark und Rekik haben beide viel und gut nach vorn gearbeitet, Rekik mit einem Vorstoß bis in den Strafraum. Warum Tah bei Leverkusen erst nach der ersten Halbzeit hineinkam, hat sich mir nicht erschlossen. Bayer stand danach viel besser und stabiler. Sehr interessant fand ich dann die Situation vor dem Gegentor: Volland bleibt nach einem Zweikampf mit Rekik im Strafraum liegen, Rekik ist sehr aufgebracht, die ganze Mannschaft scheint kurz aus dem Konzept gebracht ob eines möglichen Elfmeters, da füllt das Tor. Hat Volland diese Unsicherheit herbeiführen wollen? Vielleicht wären ältere und erfahrenere Spieler an der Stelle ruhiger und im Fluß geblieben.

Einen Kommentar schreiben

Bitte addieren Sie 3 und 4.