Gute Mannschaften, so sagt man, machen Spieler besser. Insofern müssen wir bei Hertha BSC Jahrgang Hinrunde 2015 von einer guten Mannschaft sprechen. Denn Salomon Kalou ist, nach einem Jahr, in dem er wirkte, als würde er hier lieber nicht ankommen (es sei denn, in den sozialen Netzwerken), bei Hertha angekommen. Am Freitagabend hat er in Hannover drei Tore erzielt, darunter ein Elfmeter, den er mit mehr Pfeffer versah als die beiden davor, die er ziemlich arrogant in die Mitte platziert hatte.
Hertha hat gegen einen schwachen Gegner mit 3:1 gewonnen, dabei keineswegs geglänzt, sondern mit Teamwork dominiert und punktuell die individuelle Klasse aufblitzen lassen. Kalou aber hat geglänzt, den Führungstreffer machen so wie er nicht viele. Neulich schon sprach Vedad Ibisevic, sein (gestern gesperrter) Partner und Konkurrent, von einem Tanz. In Hannover hat Kalou sich in einem eigentlich für Hannover durchaus noch beherrschbaren Moment so bewegt, dass eine Lücke entstand, die wirklich nur jemand findet, der zugleich sehr lässig und sehr zielstrebig ist. Kein Ausdruckstanz, sondern ein paar kaum merkliche Verlagerungen, dann muss der Schuss gar nicht wahnsinnig scharf sein, nicht einmal ein Zieler kriegt ihn.
Stürmer haben häufig eine Handschrift, sie erzielen Tore, die einander ähneln, so ist es kein Zufall, dass Kalou gegen den HSV schon auf vergleichbare Weise getroffen hat. Es macht Sinn, ihn dort anzuspielen, zentral, an der Strafraumgrenze, und es gibt bei Hertha auch die Leute, die solche Manöver einfädeln, die mit Läufen und Pässen in die Mitte ziehen, in diesem Fall war es Haraguchi, neulich war es Weiser.
Für das zweite Tor, ein Konter, der in die Skizzenbücher der Ideenlehre des Fußballs eingehen sollte, musste Kalou einen weiten Weg gehen. Vor dem Spiel hatte der Trainer noch davon gesprochen, dass Schnelligkeit nicht zu den herausragenden Qualitäten des größten Stars im aktuellen Hertha-Ensemble gehört. Er war aber schnell genug, um den von Darida exzellent eingeleiteten Move abzuschließen.
Der Coach hatte tatsächlich umgebaut, Brooks kam in die Mannschaft, Lustenberger rückte nach vor, Darida entsprechend auch. Es las sich wie ein 4-3-3, war aber de facto doch das geläufige 4-4-2, wobei Weiser ungefähr dort weiter machte, wo er sich die letzten Spiele schon so intensiv betätigt hatte, dabei hatte er dieses Mal einen jungen Mann hinter sich: Yanni Regäsel, einer aus dem Nachwuchs, machte seine Sache gut.
Michael Preetz sprach hinterher davon, dass Kalou im Vorjahr schwierige Umstände hatte (späte Ankunft, viele Abwesenheiten, keine Vorbereitung). Aber es muss schon auch noch etwas anderes eine Rolle gespielt haben, etwas ganz Einfaches vielleicht: Hertha ist nicht mehr depressiv, und nicht von Alleinunterhaltern abhängig. Deswegen kann einer wie Kalou dann das gewisse Extra hinzufügen.
Hertha hat im Hamsterrad der engen Liga dem Wintervorrat drei Punkte hinzugefügt, könnte am Sonntagabend, wenn das Derby zwischen dem BVB und Fleischtöpfe Gazprom wünschenswert endet, auf einem Europapokalrang stehen. Man redet uns immer ein, dass es spezifisch Berliner Größenwahn ist, von europäischen Spielen zu träumen. Dabei ist es doch so: In diesem Jahr spielt Augsburg international, weil diese Liga so etwas hergibt. Sie ist ungeheuer dicht, und um den sechsten oder siebten Platz spielen fast alle Mannschaften, die mit dem Abstiegskampf nichts zu tun haben. Und das war doch das Saisonziel von Hertha.
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