Diese Woche endete in den wichtigsten Ligen die Transferperiode, nun kann Bilanz gezogen werden. Zuerst interessiere ich mich naheliegender Weise für Hertha BSC, einen Eintrag zu Arsenal werde ich gesondert machen.
Hertha hat zuletzt, nachdem der Abgang von Nico Schulz auch offiziell geworden war, noch zwei neue Spieler geholt: Niklas Stark (Vertrag bis 2019) und Vedad Ibisevic. Der eine ist ein Perspektivspieler, der andere soll Salomon Kalou inspirieren und den Platz für Julian Schieber warm halten. Da ich eher zu denen gehöre, die von Kalou nicht (mehr) viel halten, muss ich unweigerlich darauf hoffen, dass Ibisevic sich auf seine doch schon älteren Tage noch einmal motiviert, immerhin ist der Arbeitsnachweis von Kalou nicht so schwer zu überbieten.
Michael Preetz hat sich also dafür entschieden, die Stürmerfrage um ein Jahr zu vertagen, denn er hat nun drei maximal halbe Optionen, von denen sich allerdings bei günstigen Umständen erweisen könnte, dass sie vielleicht für eine passable Saison reichen: einen Schöngeist, einen, der (vielleicht) die Frühpension abwenden möchte, und ein vielversprechendes, allmählich in die Jahre kommendes, verletzungsanfälliges Toptalent namens Julian Schieber.
Gegen den BVB war deutlich zu sehen, dass es Hertha in der Offensive vor allem an Professionalität mangelt, auch an mentalen Faktoren. Von Kalou ist da nichts zu erwarten, und ob Ibisevic eine bessere Kombination aus Mannschaftsdienlichkeit und Vollstreckerego hinbekommt, ist nun eine der spannenden Fragen der kommenden Wochen. Plausibler wäre sicher gewesen, eine neue, richtige Nummer 1 für das Sturmzentrum zu suchen, hier besteht nun einmal ein zentrales Manko dieser Mannschaft. Angesichts der Prominenz von Kalou wäre das aber problematisch gewesen, und da man sich im Sommer nicht entschließen konnte, ihm einen Wechsel nahezulegen (für meine Begriffe wäre das die einzige wirklich konsequente Strategie gewesen), muss nun Stückwerk für Tore sorgen.
Mit Stark bekommt vor allem Fabian Lustenberger einen potentiellen Vertreter, für den Kapitän läuft allmählich schon die Zeit aus. Er hat zwar unbestritten ein gutes Standing, und seine Leistungen fallen kaum ab (allerdings auch selten positiv auf), aber Lustenberger hat de facto keinen Stammplatz, jedenfalls nicht positionell. Brooks sollte wohl in der Mannschaft bleiben, und auf Dauer wird die Auswahl aus dem Quartett Lustenberger, Skjelbred, Darida und hoffentlich auch bald wieder Cigerci für den Trainer durchaus heikel werden. Stark wird auf der Webseite als Mittelfeldspieler geführt, gehört also in diese Konkurrenz, kann aber durch seine Polyvalenz (pardon) auch Brooks beflügeln, der hoffentlich zu einer Verlängerung seines Vertrags zu bewegen ist.
Darida ist bisher die große Unbekannte in dieser Angelegenheit. Für ihn wurde investiert, bisher hat er weder eine klare Position noch eine erkennbare spielerische Identität. Gute Momente und Andeutungen von Torgefahr entwertet er durch unverständliche Fehlpässe und Zerstreutheit in der Spieleröffnung. Wir werden ihn wohl erst nach der Länderspielpause so richtig einschätzen können, wenn Pal Dardai zum ersten Mal wirkliche Präferenzen für das zentrale Mittelfeld erkennen lassen muss.
Mitchell Weiser kam ablösefrei, seine erste Viertelstunde im Olympiastadion war vielversprechend, insgesamt könnte er ein tauglicher Ersatz für Nico Schulz werden, denn in diese Verrechnung müssen wir ihn ja nun vor allem nehmen. Hertha hat auf den Außenbahnen viel fragiles Talent, am stärksten ist potentiell Valentin Stocker, der aber gegen Dortmund einen unerwartet schwachen Tag hatte und insgesamt sein Potential noch lange nicht optimal nützt. Haraguchi hat das Zeug zu einem sehr interessanten Spieler, dazu braucht er aber Einsätze, und sicher nicht im Sturmzentrum. Johannes van den Bergh sollte unter normalen Umständen weiterhin nur am Rande eine Rolle spielen, auch wenn der Kicker heute eine andere Tendenz vermeldet.
Fazit: Der Kader enthält, sollten Baumjohann und Cigerci noch einmal hundertprozentige Matchfitness erreichen, absolut ausreichende Optionen für den Klassenerhalt und sogar für das Saisonziel einer deutlich erkennbaren Verbesserung der spielerischen Kultur. Allerdings fehlt eine Lösung für den Angriff, da ist doch viel Wunschdenken erkennbar, hier wäre eine konsequente Lösung vorzuziehen gewesen. Insgesamt aber würde ich sagen, dass die Manöver dieses Sommers weitgehend plausibel sind, und ich freue mich schon auf die konkreten Lösungen der kommenden Spieltage: 11 bis 14 aus 28.
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