Gegenlicht


Bevor der diesjährige Besuch des FC Bayern München in Berlin wieder in Vergessenheit gerät, will ich noch schnell eine Notiz zu meinem Gegenbesuch nachtragen, den ich vor einer Weile in der Allianz-Arena gemacht habe. Ich war wegen einer rumänischen Filmschau für ein paar Tage in München, und fuhr dann an einem strahlenden Herbstsamstagnachmittag aufs Geratewohl hinaus nach Fröttmaning. Infrastrukturell wirklich alles klasse, da war viel Platz da, um eine schöne Aufmarschfläche für Fans (und unterirdische Parkplätze) zu errichten.

Es war das Heimspiel gegen Werder Bremen, selbstverständlich war es ausverkauft. Mich interessierte auch, wie sich die Kartensituation darstellen würde, ich hatte ja keine. Der Schwarzmarkt erwies sich als kümmerlich, ein, zwei resignierte Hustler versuchten, mich in der Preisklasse um die 250 Euro zu einem Deal zu bewegen. Ein weniger professionell wirkender Wiederverkäufer hatte zwei Karten, die er einer vierköpfigen Familie mit zwei Jungs verkaufte. Die Eltern blieben draußen, das Bild der heulenden Mutter war ergreifend, wobei ich natürlich nicht wusste, ob sie so durch den Wind war, weil sie auch gern Thomas Müller live gesehen hätte, oder weil sie zwei Stunden ihre Buben in einer fremden und seltsamen Welt allein lassen musste.

Das Spiel hatte schon begonnen, als noch ein Fan des Weges kam, der mir sofort ins Auge sprang. Ich ihm auch. Es handelte sich um den Eigentümer einer Dauerkarte, der an diesem Tag keine Zeit hatte, sich aber die Mühe machte, das Ticket - das in diesem Fall dann händisch ausgefertigt werden musste - jemandem zugänglich zu machen. Für einen fairen Preis. So kam ich, verspätet und pünktlich zum Führungstreffer durch Philipp Lahm, in die Arena.

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Ich saß ziemlich am Juchhee, wie man so schön sagt, auf den billigen Plätzen ganz oben im dritten Rang. Um die 70 Euro kostet dort eine Karte. Das Spiel endete bekanntlich mit einem 6:0-Kantersieg, der vollkommen unangestrengt zustandekam, wie es schien.

Ich achtete ohnehin mehr auf die allgemeine Atmosphäre des Stadions, das ich von meinem ersten Besuch in unguter Erinnerung hatte. Damals saß ich eine Stunde nahezu wehrlos, nur mit meinem Unterleibchen notdürftig verschleiert, in der prallen Sonne und musste mitansehen, wie eine von Lucien Favre übel vercoachte Hertha unterging. Allerdings hat das Match auch eine im Rückblick leicht historische Note, denn es stand am Ausgangspunkt der Karriere von Lukas Piszczek als Verteidiger.

Das Ergebnis meines diesjährigen Besuchs ist eindeutig: Ich beneide die Bayern nicht um ihr Stadion. Es ist zwar in vielerlei Hinsicht toll, hat aber einen für meine Begriffe entscheidenden Nachteil. Die Architekten Herzog & De Meuron haben sich zu wenig um die Sonneneinstrahlung gekümmert. Das Stadion reflektiert bei tiefstehender Sonne, wie sie bei Nachmittagsspielen doch sehr häufig in der Saison vorkommt, viel zu viel. Das Spiel findet dann unter einer Dunstwolke statt, oder man sitzt sowieso im Verstrahlungsbereich. Ein Flutlichtspiel in der Allianz-Arena allerdings stelle ich mir großartig vor.

Der besondere Effekt der Dichte, den die Arena vermittelt, hat mit den kleinen Zugangsluken zu tun, die allerdings auch mit sich bringen, dass sich das Stadion sehr langsam entleert. Insgesamt gefallen mir die Proportionen des oft geschmähten, zugigen Olympiastadions eindeutig besser, und den Blick auf das Spiel, den ich von meinem "Feldherrenhügel" auf dem Oberrang habe, würde ich mit einer Arena nur tauschen wollen, wenn sie ähnlich umsichtig auf den Spielbetrieb hin geplant würde wie etwa das für meine Begriffe unübertroffene Emirates in London.

Nächsten Samstag werde ich den Borussiapark in Mönchengladbach in Augenschein nehmen - eine kleine Inspektionsreise zu einem der am besten geführten Clubs der Liga. Davor aber noch eine englische Woche in England, beobachtet von einer Couch in Kreuzberg.

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