Die Pausenansprache von Pal Dardai in Hamburg hätten wahrscheinlich die meisten Fans gern gehört. Denn es stand viel auf dem Spiel. Hertha hätte sich ohne Weiteres heute eine Krise zuziehen können. In der ersten Halbzeit war nicht alles schlecht, aber ein entscheidender Faktor wies in die falsche Richtung: Die Initiative war einmal mehr nicht auf der Seite von Hertha. Und in dem Moment, in dem die Mannschaft sich darum bemühte, lief sie in einen Konter.
Interessanterweise behalf sich Dardai in diesem Moment mit psychologischem Wissen aus Abstiegskämpfen. Er machte den Spielern die fragile Situation klar, in der der HSV in diesem Moment war, mit einem deutlichen Lebenszeichen, das aber noch 45 Minuten überleben musste. Hertha musste dieses Lebenszeichen direkt attackieren, und das gelang der Mannschaft dann auch in der Periode, auf die es wirklich ankam: die ersten 15 Minuten nach der Pause.
Wobei der Ausgleich im Grunde noch nicht eigentlich Ausdruck dieses Handelns war, denn eine Flanke aus dem Halbfeld, wie Plattenhardt sie schlug, ist (bei aller Qualität des konkreten Balls) ja auch Ausdruck einer Verlegenheit. Der HSV ließ sich von diesem individuellen Moment überrumpeln, in dem ein Herthaner Qualitäten entdeckte, die er zuletzt oft vermissen hatte lassen.
Danach befürchtete ich schon, dass wieder Sicherheitsfußball einkehren würde, und so war es dann auch, aber zum Ende dieser Viertelstunde intensiven Bemühens gab es noch einmal eine Bewegung mit Intentionalität. Arne Maier ging in den Strafraum, sein technisch anspruchsvoller Querpass ging mit ein wenig Glück genau zu Kalou, der eben erst eingewechselt worden war, und der Minimal-Talisman (Minimalisman) waltete einmal mehr dieses Amtes.
Ich würde die beiden Halbzeiten nicht zu sehr auseinanderdividieren. Die drei Großchancen zeugten immerhin (auf miserablem Rasen) von einer gewissen Spielkultur - gegen eine bisher in diesem Jahr desolate Mannschaft musste man aber auch ein bisschen Durchsetzungswillen erwarten, und den zeigte Hertha erst danach. 15 Minuten Mentalität erwiesen sich letztendlich als knapp ausreichend.
Aufgrund der Erfahrungen aus der Hinrunde können wir auch die Rückrunde in zwei Hälften teilen, und da zeigt sich, dass Hertha bisher genau so vorankommt wie im Herbst auch. Ein Remis gegen Freiburg, ein Sieg gegen den HSV. Das Heimspiel gegen Wolfsburg wäre in zwei Wochen eine Gelegenheit, zu zeigen, dass man sich nicht mit dem Allernötigsten zufrieden gibt. Ein Sieg gegen den HSV ist heuer das Allernötigste für eine Mannschaft, die mit dem Abstiegskampf nichts zu tun haben will.
Das sieht man auch daran, dass die drei Punkte in der Tabelle nichts bewirkt haben: Hertha steht auf Platz 11, die Distanz zu Platz 7 beträgt vier Punkte. Auch Pal Dardai hat heute gerade einmal das Allernötigste getan, um eine Trainerdiskussion, die keine "Trainerdiskussion" sein soll, mit Argumenten zu versorgen und sie nicht in den Leerlauf der Frustration verfallen zu lassen.
Aber wie es eben ist mit jedem Sieg: Er legt die Grundlage für Hoffnungen. Es wird uns nicht schwer fallen, sie im Zaum zu halten. Aber auf besseren Unterlagen und mit dem unabwendbaren Frühling in der Außenwelt kann man vielleicht noch das eine oder andere Experiment mit Initiative erhoffen.
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