von Marxelinho

In den Eingeweiden der Liga

Wieder unentschieden, immerhin dieses Mal nicht torlos: Hertha BSC kann (und will) sich weiterhin nicht so recht entscheiden, was von dieser Saison zu wollen ist. Das 1:1 gegen Hoffenheim lohnt sich für eine Analyse wohl nur für Fans, die am Fußball die Details lieben - und jedes kleine Indiz, aus dem man eine Tendenz machen könnte, wo nicht so richtig eine ist.

Das Spiel gegen Hoffenheim war ein schönes Beispiel für die Neutralisierungstendenzen im deutschen Fußball. Immerhin hatte Hertha dieses Mal so viel Initiative, die Neutralisierungsbemühungen weiter weg vom eigenen Tor stattfinden zu lassen. Vom Oberrang aus war deutlich zu erkennen, dass sich das Spiel vor allem in der ersten Hälfte wesentlich in einem Bereich rund um die Mittellinie konzentrierte. Die Viererkette hatte offenbar so einen imaginären Äquator vierzig Meter vor dem Tor im Kopf.

Allerdings hatte Hoffenheim ein vergleichbares Projekt, presste also gar nicht sonderlich hoch, sondern interessierte sich auch allenfalls für gelegentliche Exkursionen in das letzte Drittel, das bei Hertha das erste war, in dem so wenig wie möglich stattfinden sollte.

Eine längere Konfusion von Niklas Stark ermöglichte dann allerdings doch eine relevante Aktion sogar im Hertha-Sechzehner: Sie endete mit einem Foul an Schulz und einem Elfmeter. Den Rückstand egalisierte Salomon Kalou in der zweiten Halbzeit nach einer Flanke von Lazaro. Mit den Toren werde ich mich noch eigens beschäftigen.

Progressionstheoretisch gesehen (lat. progressio: Entwicklung, Fortschritt, Ausbildung) brachte das Spiel drei Themen: die Innenverteidigung, das zentrale Mittelfeld und die Sturmspitze.

In der Innenverteidigung zeichnet sich nach dem Angang von Langkamp eine gewisse Linkslastigkeit ab. Will heißen, dass Niklas Stark derzeit nicht viel mehr auf die Reihe bekommt als einen soliden Langkamp mit Tendenz zur Fehleranfälligkeit. Zum Spielaufbau kommt von ihm nur das Allernötigste. Natürlich räumt er auch eine Menge ab. Torunarigha hatte aber das deutlich stärkere Spiel, und er ist nur die Zweitbesetzung für Rekik. Stark hingegen wäre eigentlich designiert für eine Führungsrolle, im Sommer bei der U21-EM hatte er das auch ausgestrahlt - derzeit fehlt diese Ausstrahlung.

Im Mittelfeld kam Vladimir Darida zurück, damit war der status quo ante Arnem (Arne Maier) wiederhergestellt, und tatsächlich wirkte Hertha auch gleich wieder ein bisschen konservativer. Es war das erste Spiel für Darida nach einer langen Pause, und er war auch entscheidend an dem Spielzug zu dem Ausgleich beteiligt - insgesamt war das aber tendenziell wieder die vorsichtigere Hertha. Der Schuss Dynamik, den Maier brachte, war wieder weg. Es wird spannend, wie die Betreuer demnächst mit dieser Dreierkonstellation (die bis Jahresbeginn tendenziell noch eine Viererkonstellation mit Stark war) umgehen werden.

Für das zweite Hertha-Tor in der Rückrunde war auch ein Faktor, dass Ibisevic ins Spiel kam. Damit hatte Hertha wieder eine Doppelspitze, und bei der Lazaro-Flanke viel Personal im Fünfer. Selke verfehlte, Kalou stand perfekt, Ibisevic war noch dahinter. Leider verzichtete Pal Dardai auf die entsprechende weitere Umstellung auf Hauruck, indem er Mittelstädt erst zu einem Zeitpunkt brachte, als man die Einwechslung nur noch als eine Einverständniserklärung mit dem Remis sehen konnte.

Es war also insgesamt ein weiterer Safety-First-Nachmittag mit Hertha. Kleinzeug macht auch Mist, sagt der Bauer. Wenn Hannover heute verliert, wäre Hertha sogar in die Top Ten eingedrungen - wieder einmal mehr als Folge einer Art Liga-Peristaltik als aufgrund von erkennbarer Initiative. Immerhin lässt sich die Rückrunde so an, dass man immer noch den Eindruck haben kann, dieser Mannschaft könnte noch der berühmte Knopf aufgehen. Vielleicht schon gegen Bayer 04 - irgendwie habe ich das Gefühl, dass die taktische Konstellation dieser Begegnung der gegenwärtigen, tastenden Hertha liegen könnte.

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