Das war es also mit Hertha BSC und Europa, jedenfalls für die aktuelle Spielzeit, und wenn man der übergeordneten Saisontendenz glauben darf, dann auch für die eine oder andere kommende, denn schließlich wurde ja gerade das Saisonziel revidiert: alles, was nicht tiefer Abstiegskampf ist, gilt als ausreichend.
Die Mannschaft, die sich mit einem 1:1 gegen Östersund konkret verabschiedete, hatte mit der Mannschaft, die aus drei Spielen vor dem Jahreswechsel noch vier Punkte holen soll, nicht viel gemein. Pal Dardai hatte eine Mischung aus "rejects" (Aussortierte) und "projects" (Einzusortierende) aufgestellt. Die prominentesten Rejects waren Haraguchi, Duda und Esswein, das prominenteste Project war der Filius des Cheftrainers: Palko Dardai spielte auffällig, und leitete mit einem dudaesken Pass auch den Treffer von Hertha ein.
Das Spiel sorgte für versöhnliche Stimmung, zeigte aber auch auf, warum die erste Wiederbegegnung mit dem internationalen Fußball seit der Abstiegssaison 2009/2010 von so wenig Erfolg gekrönt war. Hertha fehlt es in jeder Formation, ob mit den nominell besten oder mit einer Probiergruppe wie gestern, an Autorität. Alle Spiele bergen negative Überraschungen, die Mannschaft kann sich geradezu darauf verlassen, dass sie sich an der einen oder anderen Stelle übertölpeln lässt.
Sicher haben in dieser Europa-League-Gruppe auch die Leistungen der Unparteiischen eine Rolle gespielt. Dass die Uefa sich gerade mit dem Torlinienrichtern immer wieder lächerlich macht, kann für niemand ein Trost sein. Hätte Jonathan Klinsmann nicht in der Schlussphase gegen Östersund noch einen unberechtigten Elfmeter entschärft, hätte es gegen eine Halbamateurmannschaft aus Schweden null Punkte aus zwei Spielen gegeben. Und auch wenn Mittelstädt in dieser Situation kein Foul begangen hat, war er doch in einer heiklen Situation in einen Zweikampf geraten, in dem er nicht Herr der Lage war.
Offensiv galt am Donnerstagabend bei widrigen Bodenverhältnissen ein Prinzip des überhasteten Abschlusses. Haraguchi wollte vor allem sich selbst in Szene setzen, Esswein war wie so häufig ein bisschen konfus, Mittelstädt flankte meistens dann, wenn in der Mitte niemand war, und Duda war eben so, wie er vermutlich nie Stammspieler wird: mit hübschen Kleinigkeiten und einem schönen Lochpass in der ersten Hälfte, aber auch mit langen Pausen. Bleiben zu erwähnen Lazaro, der aus dem defensiven Mittelfeld heraus agierte, und Palko Dardai, der insgesamt die besten Szene hatte.
Hertha hat interessante junge Spieler, und wenn es in dieser Saison gelingt, ein paar von ihnen an die Stammelf heranzuführen, ist das vielleicht den einen oder anderen durchwachsenen Gesamtvortrag wert. Aber gerade für die Talente ist es wichtig, dass sie in gute Strukturen kommen, und von solchen hat Hertha im Dezember 2017 zu wenig. Das Augenmerk liegt nun ganz auf den Betreuern: Pal Dardai muss zeigen, ob er in der Lage ist, das Spiel von Hertha insgesamt zu entwickeln. Bisher gab es dafür allenfalls Ansätze, die noch dazu zunehmend sporadischer werden.
Den Bonus eines Trainerneulings hat Dardai im Grunde schon aufgebraucht. Nun gibt es noch den Bonus des Ideal-Herthaners: Ich würde mir auch, wie wahrscheinlich die meisten Fans, wünschen, dass es in dieser Konstellation, mit einem Trainer aus dem Verein, weitergeht. Den Europa-Bonus hat Hertha verbraucht, ohne groß etwas daraus zu machen. Palko Dardai wird das anders sehen. Er muss das seinem Vater nicht beim Gulasch erklären. Er hat es auf dem Platz getan.
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