Im Fußball schaut man immer von Spiel zu Spiel. Manchmal schaut man aber auch drei Spiele voraus. Von den vier noch verbleibenden Begegnungen, die Hertha in dieser späten Phase des Jahres absolvieren muss, wird das Auswärtsspiel in Leipzig besondere Bedeutung haben. Es könnte sogar ein Topspiel werden, derzeit sind die Dosen, wie Ralph Hasenhüttels Mannschaft mit unverhohlener Geringschätzung für den mächtig anschiebenden Hauptsponsor auch von mir genannt wird, Tabellenführer, und Hertha jagt nach dem 2:1 gegen Mainz 05 den Jäger, die Bayern, die Bayern.
Einschränkend muss man sagen, dass die Leistung vom Sonntagabend eher auf eines der Abnützungsduelle hindeutete, mit denen Mannschaften in den hinteren Bereichen der Liga nach Luft strampeln. Hertha hatte zweimal Glück, und zweimal Ibisevic, der zwei Tore durch zwei gelbe Karten nicht aufwog. Die Tore zählten, der Platzverweis schwächte Hertha nicht mehr entscheidend.
Es war eines dieser Spiele, in denen die Mannschaft ihre neue Rolle erproben konnte, wie schon gegen Augsburg. Hertha wurde eingeladen, das Spiel zu machen. Die Einladung war unübersehbar, wurde allerdings durch einen Dreierriegel relativiert, mit dem Mainz die Spieleröffnung zu unterbinden versuchte. Brooks und Langkamp, dazwischen Stark, sie alle suchten nach Varianten für einen interessanten ersten Pass. Die vertikalen Bälle blieben dieses Mal weitgehend aus, eindeutig lag der Fokus auf kürzeren oder längeren Diagonalen, wobei sich aber letztlich nur Plattenhardt empfänglich zeigte.
Das Flügelspiel funktioniert zur Zeit nicht sonderlich gut, weil Haraguchi nicht besonders in Form ist, und Kalous Rezepte meistens zu kompliziert sind. Stocker, der im Zentrum aufgeboten wurde, blieb fast vollständig wirkungslos. Das galt eigentlich für die ganze Mannschaft. Es war der Tag für ein, zwei besondere Momente. Es reichte, dass Kalou einmal in den Strafraum eindringen und dort querlegen konnte - das gab Ibisevic die Gelegenheit zu einer klassischen Stürmerbewegung - Ball mitnehmen, Körper drehen, Schussposition ist erreicht, der Ball muss dann nicht einmal besonders scharf aufs Tor kommen, er ist doch unerreichbar.
Davor hatte Kalou mit einem Ballverlust auch zum unerwarteten Rückstand beigetragen. In der zweiten Halbzeit kam Darida ins Spiel, der Siegestreffer für Hertha hatte mit ihm zu tun, allerdings nicht in jenem ursächlichen Sinn, über den Trainer sich freuen können, weil sie auf ein herausgespieltes Tor verweisen können. Es war eher ein Irgendwie-Tor. Irgendwie kam der Ball zu Ibisevic, der ihn irgendwie über die Linie brachte.
Es war ein Treffer, der zu einer beeindruckenden Heimserie beitrug. Sechs Spiele, sechs Siege, 13:3 Tore. Diese Tabelle führt Hertha an. Die Serie ließe sich gegen Bremen und Darmstadt sogar noch ausbauen, das würde diese Hinrunde eindeutig historisch machen. Nicht in den Zahlen steht dagegen, dass Mitchell Weiser der Mannschaft mehr fehlt, als es den Verantwortlichen lieb sein kann. Dass Hertha von sich aus kein Tempo ins Spiel bringt. Wer aus solchen Spielen immer wieder Punkte mitnimmt, ist auch auf eine Weise ein Topteam.
Vier Spiele noch bis Weihnachten, schon jetzt eine respektable Ausbeute an Punkten - sportlich passt es weitgehend, dazu kommt dieser Trainer, der seine persönliche kleine Krise, die er zum Ende der letzten Saison eingestandener Weise hatte, sehr gut gemeistert hat: das sind alles Aspekte, die Hertha einen schönen Advent bescheren.
Zu der Stadion-Diskussion muss man vorläufig nichts sagen - das sind alles Vorgeplänkel, mit denen Hertha sich gegenüber dem Land Berlin in Stellung bringt. Interessant ist momentan allenfalls die Frage, ob es denn neben gmp (Gerkan, Marg und Partner: TXL, Hauptbahnhof, BER, Umbau Oly, Commerzbank-Arena, ...) noch andere Büros gibt, die sich da vielleicht mit Ideen einbringen können. Denn Hertha wird nur alle paar Jahrzehnte die Chance auf ein eigenes Stadion haben. Das sollte dann nicht einfach eine öde Funktionsarena werden. Da heißt es aufpassen, dass nicht mit einer Machbarkeitsstudie schon alle Weichen gestellt werden.
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Kommentar von Natalie Keil |
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