Kein Satz vom Grund

Langsam, aber sicher beginnt diese Spielzeit interessant zu werden. Wir nähern uns der Rückrunde in Deutschland, die Hinspiele in der "Champions League" sind auch schon am Horizont auszunehmen. Und die Premier League, die nie richtig Pause hatte, wird immer intensiver. Arsenal hat am Sonntag mit einem 2:0 bei Manchester City einen bemerkenswerten Sieg geschafft. Denn die Bilanz gegen die Top Teams in England war in den letzten drei Jahren so verheerend, dass Arsène Wenger zuletzt sogar zu dem desparatesten aller Trainer-Manöver Zuflucht nahm und auf die längere Geschichte verwies: man möge ihn doch bitte eher an den 18 Jahren seines Schaffens in Nord-London messen, und nicht an diesen peinlichen Ergebnissen der letzten Jahre.

Nun hat er ein Argument auf seiner Seite, denn diesen Sieg brachte Arsenal über die Zeit, ließ sich nicht in letzter Sekunde noch den Erfolg stehlen wie neulich in Liverpool. Es war ein verdienter Sieg, der aber auch mit einer faden Leistung des MCFC zu tun hatte. Sieht man von einer gefährlichen Hereingabe von rechts ab, die Koscielny bei Gefahr eines Eigentors gerade noch so ablenken konnte, kam von dem Ensemble um David Silva nicht viel.

Arsenal hingegen verteidigte konzentriert und kollektiv, ließ sich auch von einer sehr frühen gelben Karte für Koscielny nicht nervös machen, und traf jeweils zum richtigen Zeitpunkt, ungefähr zur Hälfte jeder Halbzeit, einmal durch einen Elfmeter von Cazorla (nachdem Monreal ein Foul von Kompany "gezogen" hatte), einmal durch einen Kopfball von Giroud nach Freistoß von Cazorla.

Der Spanier stand zu Beginn dieser Saison eigentlich ein wenig zur Disposition. Für die linke Seite gab es mit Sanchez einen neuen Spitzenkandidaten, der noch dazu eine sehr ähnliche Stilistik hat, der gern nach innen zieht und mit dem Ball läuft. Im Zentrum hatte Özil ursprünglich Priorität, rechts schien am ehesten Platz. Wenger fand darauf eine interessante Antwort, sie wird vielleicht einmal als seine zentrale taktische Idee für diese Saison erscheinen: Cazorla spielt nun zentral, allerdings eine Position tiefer, in einem flexiblen Dreieck, das an dem einzigen 6er aufgehängt ist. Das war in diesem Fall Coquelin, komplettiert wurde das Trio durch Ramsey. Es gibt dadurch eigentlich keinen 10er bei Arsenal, Özil wird derzeit gar nicht so dringend gebraucht. Insgesamt ist die Formation damit defensiver, aber auch vertikaler.

Coquelin wird in vielen Berichten als der Mann des Spiels gefeiert, dazu mag auch eine Fernsehgroßaufnahme beigetragen haben, in der er zu sehen ist, wie er seine Nebenleute so richtig anschreit (oder vielleicht mehr sich selbst?), in der er sich also als Krieger zeigt - mir kommt oft vor, dass Spieler in so einem Moment halb auch damit rechnen, dass die Fernsehregie das aufgreift. Coquelin spielte gut, ich habe aber keinen großen Unterschied zu der Leistung gesehen, die auch Flamini gebracht hätte. Und gegen Southampton, dessen Siegeszug übrigens gegen Newcastle weiterging, war Coquelin schlecht.

Ich will nur darauf hinaus, dass diese Position nach wie vor einen echten Spitzenmann vertragen könnte. Arsenal aber macht es wieder einmal mit Phantasie und kauft einen Spieler, der vor ein paar Tagen 17 Jahre alt geworden ist: Krystian Bielik. Ein sehr interessanter Transfer, der aber nicht darüber hinwegtäuschen soll, dass Coquelins Konjunktur durchaus endlich sein könnte. Im Moment spricht aber manches dafür, dass er der Mann für das kommende Halbjahr wird. Dass Arteta noch einmal prägend eingreifen wird, erwarte ich nicht.

Arsenal hat nun 13 Punkte Rückstand auf Chelsea, einen auf Manchester United, und zwei Punkte Vorsprung auf Tottenham, gegen die das Derby in drei Wochen ansteht. Außer gegen Chelsea (und gegen den BVB in Europa) war das Team heuer noch nie chancenlos, die verlorenen Punkte hatten immer mit typischen Arsenal-Schwächen zu tun, mit Unkonzentriertheiten in der Rückwärtsbewegung, mit Lethargie bei Standards. Nun aber könnte der Sieg gegen Manchester City eine Grundlage bilden für eine interessante Kampagne in den nächsten Wochen. Doch was sage ich da! Fußball ist doch der Sport, der ständig Grundlagen zerstört. Es kann also nur darum gehen, auf Grundlage dessen, dass noch überhaupt nichts erreicht ist, immer neue Gründe für Optimismus zu schaffen.

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