Linien, Dreiecke, Kreisel

Das enorme Verletzungspech, von dem Hertha gerade heimgesucht wird, und das heikle Spiel des Arsenal FC heute Abend gegen Besiktas Istanbul haben direkt nichts miteinander zu tun. Es gibt allerdings Aspekte, die sich zusammendenken lassen. Das hat mit den unterschiedlichen Übergängen zwischen Mittelfeld und Angriff zu tun, die auch bei Hertha nach dem neuerlichen Verlust des bedauernswerten Alexander Baumjohann in die Gedankenspiele Eingang finden könnten.

Bei Arsenal ist die Sache gewissermaßen umgekehrt wie bei Hertha. Dort ist mit Aaron Ramsey ein dominierender Mittelfeldakteur herangewachsen, der eine Mischung aus Achter und Zehner spielt, der auch in der neuen Saison schon wieder laufend Tore erzielt (am Sonntag ein vor allem auch für den Nimbus ungeheuer wichtiges Tor zu einem späten Remis bei Everton), und der dadurch Mesut Özil, den designierten Regisseur, schwer unter Druck setzt. Wenger stellte den Weltstar am Samstag auf den linken Flügel, gleichsam ein Jogi-Manöver, und Özil sah dort auch gleich bei einem Gegentor durch seinen direkten Gegenspieler Seamus Coleman nicht gut aus.

Die Rückwärtsbewegung (nicht nur) der Flügelspieler ist bei Arsenal ein alter, wunder Punkt, und Özil hat sich mehrfach als besonders ungenügend hervorgetan. (Podolski übrigens auch, bei ihm dürfte dieser Faktor sogar eine Rolle in seiner allmählichen Degradierung gespielt haben.) Ramsey hingegen ist ein Spieler, der neben seiner offensiven Effizienz vor allem auch unermüdlich nach hinten arbeitet.

Es gibt einen Spieler bei Hertha, dem eine ähnliche Entwicklung (umgelegt auf Berliner Verhältnisse) zuzutrauen ist: Tolga Cigerci. Bisher hat er noch nicht erkennen lassen, dass er abschließen kann und will. Doch das wäre der logische nächste Schritt. Die Lücke, die Baumjohann lässt, kann Ronny vorerst einmal füllen. Doch auf die Dauer einer Saison wird das nicht reichen, und Hany Mukhtar ist ein zu unberechenbarer Faktor, als dass man mit ihm planen könnte.

Cigerci wird noch eine Weile fehlen, und es ist insgesamt fraglich, ob er in der Hinrunde noch eine große Rolle spielen kann. Trotzdem skizziere ich einmal eine Variante, die ich für sehr interessant halte: Ein Dreiermittelfeld aus Hosogai, Lustenberger und Cigerci, das der Konstellation Arteta/Flamini, Wilshere und Ramsey bei Arsenal entspricht. Cigerci wäre dabei der vorderste Mann, von ihm würde man besonders erwarten, dass er in der "box" auftaucht. Zugleich würde so wieder ein intensiveres und früheres Pressing möglich werden, ein Faktor, der gegen Bremen kaum eine Rolle spielte.

Es wäre das ein System, das vor allem gegen starke Mannschaften funktionieren könnte. Hegeler lässt sich leicht einbauen, Ronny im Grunde auch, wenn er sich weiterhin engagiert zeigt. Was könnte er für ein Spieler sein, wenn er sich zur Arbeit nicht immer zwingen müsste, wie es scheint! Übrigens hat Schieber gegen Bremen angedeutet, dass er durchaus mitspielen kann, dass er also nicht nur Abstauber ist.

Vermutlich wird Hertha noch jemand verpflichten, es scheint ja Geld vorhanden zu sein aus den "vielen Quellen" (SZ). Der Kader gibt aber auch so schon eine Formation her, die sich im ein bisschen Glück aus dem Abstiegskampf heraushalten können sollte. Allerdings bedarf es dazu einer generellen Steigerung des Einsatzes. Das Spiel gegen Werder war vergleichsweise gemütlich. Leverkusen, der nächste Gegner, lief gegen den BVB fast 15 Kilometer mehr als Hertha am Samstag, das macht einen Unterschied von mehr als einem Spieler auf dem Platz.

Arsenal hat heute Abend gegen Besiktas Heimvorteil, muss allerdings von einem 0:0 ausgehen, das vergangene Woche auf üblem Rasen in Istanbul zustande kam. Ironie der Sache: Aaron Ramsey wurde nach einem taktischen Foul und einer zweiten gelben Karte ausgeschlossen. Er wird also nicht dabei sein, wie übrigens auch der unersetzliche Giroud. Arsenal muss unbedingt gewinnen, ein torloses Remis würde Elfmeterschießen bedeuten, bei jedem Unentschieden ab 1:1 und höher würde Besiktas in der CL spielen. Das wäre doch, bei allem Respekt vor Veli Kavlak & Co., nicht ganz so interessant.

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