Die Länderspielpause gibt mir Gelegenheit, endlich auch wieder einmal einen Blick auf Arsenal zu werfen. Am Sonntag gab es die schöne Konstellation, dass meine beiden Lieblingsmannschaften hintereinander gespielt haben (und nicht parallel, wie es zuletzt auch immer wieder vorkam). Dabei wurde mir klar, wie teilnahmslos ich derzeit auf Arsenal schaue: Solange Arsene Wenger dort tätig ist, bin ich auf Distanz.
Es war noch dazu ein Spitzenspiel. Arsenal stand vor der Herausforderung, die dominante Mannschaft der Saison in England herauszufordern, nämlich Manchester City unter Pep Guardiola. Es gab die erwartbare Niederlage, wobei es Gründe gab, bei dem 1:3 auch den Unparteiischen einen Vorwurf zu machen. Aber das Gros der Probleme hatte Arsenal schon selber verursacht.
Die Aufstellung hatte zwei Diskussionspunkte: Lacazette blieb eine Stunde lang auf der Bank, stattdessen spielte Sanchez zentral, und Iwobi mit Özil offensiv. Dahinter Ramsey und Xhaka, und eine Viererkette, und dann noch Coquelin als Libero! Arsenal spielte mit Fünferkette, und trotzdem hatte City viele Chancen. Ein paar Minuten in Halbzeit eins spielte Arsenal ganz gut mit, und dann gab es noch eine Phase in der zweiten Halbzeit, als das Spiel nach dem Anschlusstreffer durch Lacazette eine andere Richtung hätte nehmen können. Das war in dem Moment vorbei, in dem David Silva aus Abseitsposition den dritten Treffer für City vorbereitete.
Katar könnte in diesem Jahr gleich drei wichtige Bewerbe gewinnen, wenn man die Ligue 1 dazuzählt. Die Premier League wird City nur schwer zu nehmen sein, auf die Champions League kann man gespannt sein. Aber die beiden am stärksten angeschobenen Teams im europäischen Fußball spielen jedenfalls in diesem Herbst eine große Rolle. Die Uefa macht immer nur gerade so viel, dass sie die Machenschaften nicht wirklich stört.
Bei City ist es vor allem De Bruyne (Zugang 2015, Transferminus damals knapp 150 Millionen), der den Unterschied ausmacht - auch zu Mesut Özil, der wie Alexis Sanchez vielleicht in der Winterpause noch verkauft wird. Arsenal ist in einer merkwürdigen Situation: Alles geht halbwegs so weiter wie gewohnt (das bedeutet nun aber eben schon Platz 6 in der Liga und nicht Platz 4). Zugleich sind fast alle Fragen offen. Zum Beispiel auch, wer denn künftig für Arsenal verteidigen soll: Mertesacker ist schon halb auf der anderen Seite (bei den Betreuern), Koscielny zeigt deutliche Spuren des Alters, Monreal ist ein wackerer Aushelfer im Zentrum, Mustafi traut niemand so richtig, und Holding - na ja, er ist vielleicht doch nur der neue Calum Chambers, also ein Talent, das sich nicht durchsetzen wird.
Ähnlich unklar ist für fast alle Spieler, was die Zukunft bringen wird, mit wem sie spielen könnten - und das alles bei laufendem Spielbetrieb. Nominell ist Arsene Wenger im ersten von zwei weiteren Vertragsjahren, aber die Stimmung ist eine andere: allgemeines Abwarten. Gegen City war Arsenal relativ nahe dran, vielleicht ein Remis zu schaffen (wie es Chelsea zum Beispiel nicht gelungen ist), aber letztlich doch definitiv nicht gut genug. So gewöhnt man sich eben langsam an die neue Situation: Arsenal als das neue Everton. Da trifft es sich gut, dass bei den Paradise Papers auch Alisher Usmanov wieder auftaucht, der Dritteleigner aus Usbekistan, der enge geschäftiche Beziehungen zu dem Eigentümer von Everton hat.
Manchester City gegen Arsenal war ein interessantes, spannendes Fußballspiel, an dem ich nach der Auswechslung von Coquelin und vor der Fehlentscheidung beim 3:1 für eine Weile sogar richtig Anteil genommen habe. Aber es ist umgeben von Umständen, die mich anwidern. Die Sorgen, die die deutschen Fans mit ihrem "Scheiß DFB" haben, sind lächerlich im Vergleich zu dem, was im Fußball global schief läuft. Und manche Probleme sind auch ganz einfach nur die Folge von schlechtem Management. Deswegen ist Arsene Wenger immer noch Trainer von Arsenal. Und ich derweil Fan unter Vorbehalt.
Kommentare
Kommentar von Natalie Keil |
Einen Kommentar schreiben