Am Sonntag konnte der Arsenal FC zum zweiten Mal innerhalb von ein paar Monaten Silberzeug in die Luft halten. Mit einem 3:0 gegen den nicht besonders gut disponierten Gegner Manchester City entschied die Mannschaft von Arsène Wenger das Spiel um den Community Shield für sich, das ist der englische Supercup. Santo Cazorla, Aaron Ramsey und Olivier Giroud erzielten die Tore.
Die Begegnung unter den konfusen Bedingungen, denen die Vorbereitungen von globalen Topclubs unterliegen, brachte doch ein paar interessante Aufschlüsse. Arsenal ist für die neue Saison offensiv schon ziemlich gut aufgestellt. Alexis Sanchez, der spektakulärste Neuzugang, kam eine Halbzeit lang über rechts, scheint also eher nicht für das Sturmzentrum gedacht. Dort spielte zuerst Yaya Sanogo, in der zweiten Hälfte Olivier Giroud.
Sanogo ist sehr interessant. Eigentlich wirkt er unbeholfen mit seiner schlaksigen Physis. Er ist es aber nicht. Wie er Ramsey vor dem 2:0 den Ball servierte, das war Solostürmerarbeit nahezu in Perfektion: Ball in exponierter Lage annehmen, behaupten, dem Kollegen Zeit zum Nachrücken geben, den Gegner im Zweikampf schwindlig werden lassen, dann den Ball irgendwie zu Ramsey bringen.
Cazorla auf der linken Seite komplettierte das Offensivtrio. Im Zentrum gab es eine schon bewährte Konstellation: Arteta, der neue Kapitän, dazu Ramsey und Wilshere in einem flexiblen Pressing-Umschalt-Kreisel, in den sich bei Gelegenheit auch die beiden Außendeckert Gibbs und Debuchy (offensiv gute Ansätze, defensiv minimale Stellungsprobleme) einschalteten.
Am spannendsten war natürlich die Innenverteidigung. Immerhin hatte Arsenal am Wochenende Thomas Vermaelen an den FC Barcelona verkauft, was zur Folge hat, dass neben Koscielny und Mertesacker kein lupenreiner Centerback mehr zur Verfügung steht. Viel wird für meine Begriffe davon abhängen, ob Wenger die Lektion des deutschen Teams in Brasilien beherzigt, das mit dem Wechsel von Mertesacker auf die Bank defensiv auf jeden Fall besser wurde.
Wenger reagierte auf eine für ihn typische Weise. Er stellte Calum Chambers in die Innenverteidigung, einen 19 Jahre alten Neuzugang von Southampton. Der Clou bei diesem Spieler ist, dass er ursprünglich als Rechtsverteidiger galt (für diese Position in der Nachfolge von Bacary Sagna wurde aber schon Debuchy gekauft, der keineswegs uninteressante Carl Jenkinson wird an West Ham United ausgeliehen), dass Wenger aber anscheinend ganz andere Pläne mit ihm hat: defensives Mittelfeld oder eben Innenverteidigung. Mit einem satten Lob ("outstanding") hat er Chambers schon einmal in Position gebracht.
Damit deutet sich für die zwei relevanten Fragen schon eine Antwort an, die bei Arsenal derzeit offen sind. Eine vernünftige Kaderplanung müsste eigentlich ergeben, dass zwei Positionen offen sind, die im Idealfall mit Weltklasseleuten zu besetzen wären. Ein "holding midfielder", also ein Vertreter für Arteta, der 2013/14 eine mäßige Saison gespielt hat und dringend mehr Konkurrenz bräuchte als Flamini, den ich persönlich auch vor Arteta sehe. Wenger sieht das anders, und auch das Teamgefüge spricht für Arteta: Er verfügt über eine gute Autorität, die er aber, wie das nicht selten in solchen Fällen ist, nicht mehr vollständig durch Qualität auf dem Feld bestätigen kann.
Dass Khedira für diese Position nicht in Frage kommt, erschien mir immer relativ klar. Gleichermaßen bei Fabregas. Vielleicht wollte Wenger sogar noch einmal sehen, ob Abou Diaby nicht doch noch einmal eine Chance bekommen sollte, doch der vermutlich größte Pechvogel der von mir beobachteten Fußballgeschichte hat sich neuerlich verletzt. Im Moment ist offen, ob und wie Arsenal hier aktiv werden wird. Ich tippe eigentlich darauf, dass nichts mehr passieren wird, zumindest entspräche das dem Temperament von Wenger.
Für die Position, die nach Vermaelens Abgang vakant ist, ist das vermutlich anders. Denn die defensiven Optionen von Sonntag (Innenverteidigung in der zweiten Halbzeit: Chambers und Monreal!) reichen nicht für eine Saison, die kommenden Samstag mit einem Heimspiel gegen Crystal Palace beginnt und nächste Woche schon einen CL-Qualifier gegen Besiktas Istanbul bringt. Die Frage ist, ob Wenger rechtzeitig für klare Verhältnisse sorgt, oder ob er den Rest der Transferperiode als Gamble sieht, das für ihn erst Ende August aufgehen muss. Bekanntermaßen lässt er es gern auf sehr späte Entscheidungen ankommen, sowohl Mertesacker als auch Özil kamen "last minute".
Vorbehaltlich dieser beiden Personalien macht Arsenal in diesem Jahr einen guten Eindruck. Der FA-Cup hat Druck vom Team genommen, finanziell hat sich die Situation deutlich verbessert, offensiv gibt es jede Menge Potential und Qualität. Der neue Fitnesstrainer Shad Forsythe soll sich darum kümmern, die bedenkliche Häufung von Verletzungen bei Arsenal einzudämmen. Es hängt nun also viel davon ab, an den zwei neuralgischen Punkten dem Kader noch jenes Stück Extraqualität zu geben, das Wenger bisher partout lieber in Nachwuchsleuten sehen wollte. Calum Chambers ist auf jeden Fall eine aufregende Verpflichtung, aber er kann sicher keine ganze Saison auf höchstem Niveau spielen. Er ist 19 Jahre alt.
Dann aber wäre da nur noch der BFG, der große "fucking" Deutsche, nun sogar BFGWC (World Champion). Der kann sicher eine ganze Saison die Stellung halten, aber er lässt sich eben in den großen Spielen gern überlaufen. Deswegen wäre es besser, Mertesacker wäre nicht mehr erste Wahl. Dafür bräuchte es aber einen entsprechenden neuen Mann.
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Kommentar von junichi |
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