Drei Punkte aus drei Spielen hat Pal Dardai angeblich für den Auftakt im neuen Jahr eingeplant. Das ist also mit dem Heimspiel gegen Ingolstadt am kommenden Wochenende immer noch drin. Allerdings wirkt die Ansage doch seltsam defensiv, und sie passt nicht zu dem Projekt, dieses Jahr eine direkte Qualifikation für Europa zu erreichen. Hat der Trainer dieses Projekt also schon ad acta gelegt?
Es lohnt sich, auf die Zwischentöne der beiden Trainer in der Pressekonferenz zu hören. Christian Streich weiß ja auch, dass das "kein Leckerbissen" war. Freiburg hat allerdings den eigenen Matchplan durchgesetzt, Hertha hingegen sah schlecht aus, jedenfalls, wenn man die Ansprüche und die Tabellenposition mitbedenkt.
Sonst könnte man nämlich einfach sagen: Nun gut, das ist eben der Alltag der Liga, zwei Teams, die sich irgendwie über Wasser halten wollen, haben sich auf niedrigem Niveau miteinander auseinandergesetzt. Manchmal schlägt eine Mannschaft der anderen ein Schnippchen (Frankfurt am Freitagabend auf Schalke, ein furchtbares Spiel). Manchmal setzt sich dann doch die geringfügig bessere Mannschaft durch. So war es am Sonntagnachmittag in Freiburg.
Hertha war eindeutig die schlechtere Mannschaft. Mit der Aufgabe, das Spiel zu machen, war sie fast vollständig überfordert. Der Unterschied war nicht allzu groß, er lässt sich noch kleinreden, aber de facto ist er enorm. Freiburg spielte vollkommen im Einklang mit seinem Projekt. Hertha spielte diametral im Missklang mit ihrem Projekt. Da man aber Projekte nicht dauernd neu definieren kann (auch wenn Pal Dardai es heimlich schon tut), muss man schauen, woran das spielerische Unvermögen liegt.
Hertha hat eigentlich den ganzen Herbst hindurch noch tendenziell auch eher Spielverderberfußball gespielt, wie ihn Eintracht Frankfurt spielt, und wie ihn auch Freiburg spielt (bei allerdings nicht unbeträchtlicher Kompetenz im Detail). Die erste Halbzeit im Breisgau ergab dann allerdings eine eindeutige Rollenverteilung. Hertha hatte den Ball, kam damit aber nicht weit.
Das wichtigste Problem ist schon lange offensichtlich, es wird derzeit nur durch die schwache Form von Darida verschärft: das Zentrum ist steril. Skjelbred und Lustenberger sind inzwischen nahezu identische Spieler, beide denken strikt nach hinten (auch wenn Skjelbred dieses Mal sogar einmal auf das Tor schoss), sie spielen fast vollständig mit dem Rücken zum gegnerischen Tor.
In einem engen Spiel kommt es aber darauf an, die wenigen Gelegenheiten zu nützen, in denen einmal Unordnung herrscht, in denen aus einem zweiten Ball vielleicht ein dritter oder vierter wird, und dann müsste mal jemand einen interessanten Pass spielen. Dazu muss man sich aber auch herausfordern, indem man die Sicherheitsablage nach hinten nicht zum prägenden Stilmittel macht.
Pal Dardai wechselte gestern einmal die ganze Flügelformation aus, eigentlich aber braucht er einen neuen 6er und 8er, die Variante mit Stark kann er gegen Ingolstadt schon einmal vergessen.
Wie kommt eine Mannschaft ins Spiel? Das ist das große Rätsel, vor dem gerade die Bundesliga steht, die mit vielen grundkompetenten, aber weitgehend biederen Mannschaften ein Mittelmaß erzeugt, dem Hertha sich allmählich entziehen wollte. Es scheint, dass dafür das Personal nicht vorhanden ist. Mitchell Weisers Dynamik konnte phasenweise die ganze Formation mitreißen, es ist bestürzend, dass er so sehr fehlt.
Mangelnde Laufbereitschaft ist sicher ein Faktor, auch gegen Freiburg blieb Hertha im untersten Bereich, auf jeden Fall war das Engagement insgesamt vor allem in der ersten Halbzeit bescheiden. Die Spieler verstecken sich miteinander voreinander.
Hertha wäre zu nett, hieß es die ganze letzte Woche. Das geht am Problem vorbei. Hertha hat eine Identitätskrise. Eine Weile hatten wir schon gehofft, dass Pal Dardai diese Krise lösen kann. Und die Möglichkeit besteht ja auch nach wie vor. Nur zur Zeit strahlt auch er eher Ratlosigkeit aus. Immerhin habe die Mannschaft keinen "Schrott" gespielt. Man muss ihm wiedersprachen. Es war Schrott. Aber auch daraus kann man etwas machen.
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