Dem knappen Heimsieg gegen Augsburg durch einen Treffer von Salomon Kalou in der 88. Minute musste Pál Dárdai natürlich eine andere Logik geben, als sie das Spiel selbst nahelegte: Für den Trainer war das ein Erfolg, den sich die Mannschaft erarbeitet hatte, und nicht einfach ein glückliches Ende eines klassischen torlosen Unentschiedens, bei dem zwei stark limitierte Mannschaften einander mit maximal angezogener Handbremse vorsichtig austesteten.
Ich musste das Spiel in einem Hotelzimmer in Mannheim anschauen, wo ich am Morgen noch einen Vortrag gehalten hatte, sodass an eine rechtzeitige Rückkehr nach Berlin und ins Olympiastadion nicht zu denken war. Der kleine Computerbildschirm hat meine Distanz zum Spiel sicher verstärkt, aber ich würde mich wundern, wenn das im Stadion nicht auch nach dem ausgesehen hätte, was mein Eindruck war: Konsolidierung ja, Kreativspiel fast null.
Immerhin war auch ein Schritt zu einer orthodoxeren Formation zu erkennen. Langkamp kehrte in die Mannschaft zurück, mit Brooks bildete er eine Innenverteidigung, der zu wünschen wäre, sie könnte sich endlich einmal ein bisschen einspielen. Lustenberger spielte im zentralen Mittelfeld, und zwar vor Niemeyer, eine plausible Idee. Allerdings ist der Kapitän insgesamt zu konservativ - er entscheidet sich zu oft mehr oder weniger selbstverständlich für die Ablage nach hinten, dabei ist er doch der Spieler, dem gelegentlich ein Pass gelingen müsste, der für eine Überraschung sorgt.
Kalou spielte wegen der Verletzung von Schieber als zentrale und alleinige Spitze. Sein Laufpensum hat er gegenüber der Luhukay-Zeit um einen ganzen Kilometer gesteigert, nach wie vor ist sein Stil eher körperlos, er sucht nach einer Leichtigkeit, die im harten Zulaufgewerbe der Bundesliga nicht leicht zu finden ist. Beim Treffer, den ihm Hegeler auflegte, indem er einen Einwurf von Ndjeng in die Mittel spitzelte (geistesgegenwärtig und auch eher auf Verdacht), war Kalou zur Stelle.
Bis auf Weiteres hat Pál Dárdai vor allem die Grundlagen verbessert. Die Mannschaft arbeitet wieder, darüber hinaus ist noch nicht viel zu erkennen, was wohl auch mit der schwierigen Situation zu tun hat, in der Hertha sich befindet. Der Sieg gegen Augsburg, die sich als die öde Truppe erwiesen, die sie im Alltag der Liga der Weltmeister doch in erster Linie sind, kann vielleicht ein wenig die Geister wecken.
Dabei trifft es sich ganz gut, dass sich rechtzeitig auch die personellen Möglichkeiten verbessern, und dass nun mit Stuttgart eine Mannschaft wartet, gegen die Hertha sich Chancen ausrechnen darf. Stocker kommt zurück, Cigerci kann sich zumindest im Training schon einmal einbringen, Beerens bekommt allmählich Spielpraxis. Und vorne hat Dárdai nun wieder die Qual der Wahl, wobei ein 4-4-2 durchaus weiterhin eine Option sein sollte - mit Kalou, der auch im Interview nach dem Spiel seine Bereitwilligkeit unterstrich, neben und hinter Schieber.
Aus verschiedenen Gründen sind die Begegnung gegen Augsburg für mich immer so etwas wie Wasserstandsmelder. Das hat mit dem Spiel aus dem Februar 2012 zu tun, das damals die Weichen auf Abstieg setzte, obwohl es für Hertha absolut zu gewinnen gewesen wäre. Es war ein Spiel, das beiden Vereinen auch längerfristig die Richtung wie, den "Frei-statt-Bayern"-Bayern die einer nunmehr ausgewiesenen Erstligakompetenz, Hertha hingegen in die Fortsetzung einer Unausgeglichenheit, die eigentlich unfassbar ist, wenn ich mich an die Selbstverständlichkeit erinnere, mit der Hertha noch in den nuller Jahren erste Liga spielte.
Gestern hat die Mannschaft einen Trippelschritt zurück zu einer solchen Selbstverständlichkeit gemacht. Das kann man gar nicht genug anerkennen, und dem Fußballgott, der ausgerechnet Jens Hegeler die Geistesgegenwart für einen wichtigen Spitzeldienst eingab (anstatt sich einen weiteren Jokus mit Marwin Hitz zu gönnen, über den Journalisten Material für eine weitere Woche blöden Gewitzels zu liefern), bringe ich heute ein Speiseopfer dar, indem ich vor dem Mittagessen dreimal laut "hahohe" sage.
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