Stuck in Stoke

Man spricht in England gern von einem "massive result", wenn ein Spiel als bedeutsam für den Verlauf eines Bewerbs angesehen wird. Das an sich triviale 0:1 von Arsenal bei Stoke City am Samstag war insofern massiv, als es nach dem 0:2 gegen den FC Bayern in der "Champions League" die Ambitionen auf den zweiten wichtigen Titel der Saison stark beinträchtigen muss. Liverpool ist nun an Arsenal vorbeigezogen, Chelsea hat vier Punkte Vorsprung, Manchester City nach Verlustpunkten ebenfalls. Arsenal ist also de facto jetzt auf Platz 4, das ist bezeichnenderweise die Position, auf die Arsène Wenger den großen Club aus London zuletzt mehr oder weniger abonniert hatte. Doch in diesem Jahr sah es lange Zeit so aus, als könnte wieder einmal mehr möglich sein. Nicht zufällig kam der Rückschlag in Stoke, bei einer Mannschaft, die wie kaum eine andere für all das steht, wogegen Wenger kein Rezept findet: Härte, Leidenschaft, Pragmatismus. Mir Arsenal geht es uns also wie in diesem Song von den Talking Heads: Same as it ever was. Doch ist dieses Mal die Situation ein wenig pointierter. Das hat mit dem Umstand zu tun, dass der Coach seinen Vertrag noch nicht verlängert hat. Zu Beginn des Jahres, als alles noch besser aussah, lag anscheinend schon ein Entwurf vor, doch aus Gründen, die auch die gut informierte britische Presse nicht im Detail nachvollziehen kann, wurde noch nichts unterschrieben. Es gibt dazu zwei Denkmodelle. Das eine wäre, dass Arsène Wenger selber warten wollte, bis er tatsächlich gute Gründe vorweisen kann, dass seine Arbeit noch zu Titeln führen kann. Und damit ist nicht der FA-Cup gemeint, auch wenn selbst diese Notlösung wenigstens helfen würde, die Jahreszahl 2005 zu überschreiben - damals gewann Arsenal auch den FA-Cup, es war der bislang letzte Titel. Nun fehlen diese Gründe gerade massiv, der "Boss" hatte also vor sechs Wochen bessere Argumente als aktuell. Das andere Denkmodell sieht den relevanten Akteur nicht in Wenger, sondern in Ivan Gazidis, dem mächtigen, dabei ungeheuer diskreten Executive von Arsenal. Unter seiner Ägide wurden zuletzt einige kommerziell sehr einträgliche Deals ausgehandelt und bekannt gegeben. Arsenal hat Geld, ist bestens aufgestellt, nun fragt sich eben, wie es sportlich weitergehen soll. Gazidis gilt als Technokrat, der auf amerikanische Berechnungsmodelle schwört. Ganz auszuschließen ist es nicht, dass er inzwischen bemerkt hat, dass das System Wenger inzwischen doch sehr verlässlich "underachievement" produziert. Es könnte also sein, dass er über Alternativen nachdenkt. Und wenn Arsenal vermutlich gegen Bayern aus der diesjährigen "Champion's League" ausscheidet, wird sich vieles auf das Nord-London-Derby bei Tottenhaum am 16. März zu spitzen, dazwischen gibt es nur noch ein Heimspiel im FA-Cup gegen Everton. Die Niederlage gegen Stoke hatte im Detail auch mit einer diskutablen Schiedsrichter-Entscheidung zu tun (einer dieser Handelfmeter, bei denen man bis in alle Ewigkeit diskutieren könnte, wo die absichtliche Bewegung anfängt und ob sie überhaupt Zeit hat, jemals anzufangen). Doch dass die Leistung dürftig war, ist sonnenklar. Besonders indisponiert war übrigens Lukas Podolski. Mesut Özil spielte eine knappe halbe Stunde, ohne große Wirkung. Der Mann des Spiels, jedenfalls für den Independent, war ein Österreicher: Marko Arnautovic, Bad Boy und inzwischen entschärfter Irokese, der sich immer mehr zu einem mustergültigen Winger entwickelt, mit vorzüglicher defensiver "work rate" und herausragenden Chancenvorbereitungen. Eigentlich ein Mann, wie er Hertha derzeit fehlt. Aber wohl viel zu teuer. Änis Ben-Hatira sollte seine Spiele studieren.'

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Kommentare

Kommentar von Der Wiener |

"For all the fluidity of his teams´ passing style, Arsène Wenger is very much a fixed-gear tactician. To steal a line from Shane Warne, Arsenal haven´t simply played 12 matches in the past eight weeks: they have played the same match 12 times the same shape, the same passing patterns game after game."" Barney Ronay, The Guardian

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