Michael Preetz wird nicht entgangen sein, wie der neue Trainer Friedhelm Funkel gestern im Olympiastadion begrüßt wurde: gar nicht. Als der Name genannt wurde, reagierten die Fans mit Schweigen. Die Akzeptanzprobleme, die Funkel in Frankfurt zum Rücktritt bewogen, hat er nach Berlin mitgebracht. Wie soll man auch einen Trainer begrüßen, der angeheuert werden musste, um zu verhindern, dass das nächste von inzwischen zahllosen Berliner "Übergangsjahren" sich unversehens in ein Untergangsjahr verwandelt?
Die Leistung der Mannschaft in den ersten 20 Minuten gegen den HSV ließ dann durchaus erkennen, dass Funkel sich Gedanken gemacht hatte. Er stellte Friedrich auf die von dem Nationalspieler eigentlich ungeliebte rechte Außendeckerposition, wo er gegen Elia vielleicht nicht gerade Schnelligkeit, aber zumindest Erfahrung und Stellungsspiel geltend machen konnte. Zentral verteidigten Kaká und von Bergen, links Pejcinovic. Ein weiteres taktisches Manöver war die Gestaltung des Mittelfelds, wo Dardai zentral hinter einer Zweierlinie spielte, die rechts Kacar und links Nicu bildeten. Patrick Ebert und Raffael besetzten die Flügel, vorne versuchte sich Ramos darin, Bälle zu halten und die Zeit zu gewinnen, die Hertha zum Nachrücken brauchte. Ein 4-3-3, das defensiv zum 4-5-1 wurde und insgesamt deutlich auf Konter ausgerichtet war.
Die Hertha machte allerdings das Spiel, denn der HSV war schlecht. Zum ersten Mal seit ewigen Zeiten ging Hertha deswegen in der ersten Halbzeit in Führung: Corner von Ebert, Ramos verlängert per Kopf auf den langen Pfosten, wo Friedrich kein Problem hatte, zu verwandeln. Der Jubel des Kapitäns war dann peinlich: Er wies alle Mitspieler von sich und trabte behäbig allein in die Ostkurve, wo er vor den Fans die Faust ballte.
Danach waren noch 80 Minuten zu spielen, in denen die Hertha sich wieder einmal selbst zerstörte. Zuerst setzte Kaká einen eigentlich harmlosen Ball vom Elfmeterpunkt per Kopf über Ochs ins eigene Tor, bald darauf musste der eigens angeheuerte Ersatzersatzkeeper verletzt vom Platz, und es kam Sascha Burchert, vom Schicksal designiert, an diesem Abend die ärmste Sau zu werden: Zweimal nützte der HSV die Schlafmützigkeit der Berliner Innenverteidigung, zweimal klärte Burchert außerhalb der Strafraums per Kopf vor einem heranstürmenden Hamburger, zweimal kam der Ball aus den Tiefen des Mittelfelds postwendend zurück - Tore durch Jarolim und Zé Roberto ließen den Keeper so lächerlich aussehen wie einen Tennisspieler, der einen Netzangriff nicht gut abgeschlossen hat und überlobt wird.
Burchert hatte aber in beiden Fällen richtig gehandelt, es fehlte ihm nur bei all dem Adrenalin, das in einem neunzehnjährigen Tormann 25 Meter vor der Linie umgeht, an der Übersicht, den Ball vielleicht nicht zentral nach vorn zu wuchten. Wie auch immer: Die Tore hatten einen Geschmack des Zynischen. Und so formulierte es auch der Manager hinterher: "Wir nehmen alles mit."
Friedhelm Funkel stellte später im RBB noch mit einer gewissen Befriedigung fest, dass Hertha in der zweiten Halbzeit nicht auseinandergefallen ist, das war aber kein Kunststück angesichts eines HSV, der es sich auf dem Feld gemütlich machte und dem von den demoralisierten Berlinern keine Gefahr mehr drohte.
Kommentare
Kommentar von Natalie |
Einen Kommentar schreiben