von Marxelinho

Viele Quellen

Der Bericht, den die Süddeutsche am Montag über Herthas erstes Spiel in der neuen Saison veröffentlicht hat, zeigt ein deutliches Muster. Ich nenne es mal die Krösus-Unterstellung. Sie wird uns in diesem Jahr beschäftigen, denke ich. Eigentlich ist alles ganz harmlos, was Matthias Wolf da am Anfang beschreibt, bierselige Fans von Bremen, schnell nach Hause strebende Berliner. Dann stellt er das Unentschieden in eine die Saison übergreifende Bilanz, die auf Heimschwäche deutet - als könnte man nicht einfach einmal das Prinzip "Neue Saison, neue Serien" gelten lassen.

Der Satz, der darauf folgt, hat es dann in sich, denn hier beginnt die unterschwellige Polemik: "Zumal jetzt Investitionen in einer Größenordnung wie schon lange nicht mehr (sieben neue Spieler für elf Millionen Euro) Erwartungen wecken wie lange nicht mehr." Ich weiß jetzt nicht, mit welchem Expektometer die SZ die Erwartungen in Berlin misst (ich fürchte, das Gerät steht in Schönefeld), aber der Duktus der Sportprosa, das homerisch doppelte "schon lange nicht mehr", verrät den Gestaltungswillen des Reporters. Er will nicht einfach berichten, er will in der Atmosphäre lesen.

Hätte er erwähnt, dass Hertha zwei absolute Schlüsselspieler abgegeben hat, und dafür 18 Millionen Einnahmen (abzüglich dessen, was wohl an den "anonymen" Förderer ging, der Hertha zuletzt über Wasser hielt) zu Buche stehen, hätte er die Situation korrekter dargestellt. Aber sein Satz hätte nicht mehr funktioniert. Und bekanntlich würden manche Journalisten für einen guten Satz töten - oder zumindest der Wahrheit ein Flügerl ausreißen.

Wolf beschreibt dann, wie sehr sich Werder Bremen finanziell nach der Decke strecken muss. Manager Eichin wird zitiert: "Qualität kostet Geld, deshalb lassen wir es sein."

Mit dem Stichwort Geld hat Wolf die Überleitung, die er braucht: "Sorgen, wie sie Hertha derzeit nicht hat. Aus vielerlei Quellen wurde der 80-Millionen-Etat gespeist." Die hier genannte Zahl ist belastbar, man fragt sich nur, warum es eine Informationen sein soll, dass es "vielerlei Quellen" sind, aus denen er gespeist wird. No na net, sagt man in Wien in so einem Fall. Eh klar, dass es vielerlei Quellen sind, so finanzieren sich Bundesligaclubs nun einmal.

Aber Wolf will auf etwas hinaus, was er im Modus der bedeutungsschwangeren Andeutung besser unterbringt, als wenn er es einfach benennen würde. Zu den vielerlei Quellen gehören vielleicht auch die Millionen, die aus den Genussscheinen kommen, die ein deutscher Millionär aus Hongkong (der eigentlich, der Logik bekannter Komödien folgend, irgendjemandes Onkel sein müsste) zeichnen wird oder will oder was auch immer.

Die dichte Wolkenbildung, mit der Manager Schiller die Geschäfte von Hertha BSC auch weiterhin umgibt, lässt solche Texte regnen. Texte, in denen alles ganz harmlos aussieht, und die doch mit Suggestionen arbeiten. Vielerlei Quellen, das klingt schon fast wie: dubiose Quellen. Der Kapitalismus ist nur dort dubios, wo Schulden versteckt werden. Deswegen wäre es so wichtig, dass bei Hertha eine klarere Rede über das Finanzielle geführt würde. Damit auch wir Fans den Unterstellungen mit belastbaren Zahlen begegnen können.

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